Konzept der Adipositasbehandlung

  • Problemstellung
  • Zielsetzung
  • Nachsorge

In der Klinik Limberger wurde ein stationäres Behandlungskonzept erarbeitet, das eine Grundlage für einen langfristigen Therapieerfolg legt. Das Konzept steht hier zum Download bereit.

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1. Problemstellung

Morbide Adipositas (krankhaftes Übergewicht) ist eine lebenslange multifaktorielle anlagebedingte Erkrankung von exzessiver Fettablagerung mit hochsignifkanten medizinischen, psychischen, sozialen und ökonomischen Begleiterscheinungen. Die Ursachen der Adipositas sind mannigfaltig und erstrecken sich auf erbbedingte, biochemische, hormonelle, umweltbedingte, verhaltensbedingte, gesundheitliche und kulturelle Faktoren.

Fettleibigkeit ist eine chronische Erkrankung mit hohem Krankheitsrisiko, kürzerer Lebenserwartung und eingeschränkter Lebensqualität. Zu den unmittelbar spürbaren körperlichen Einschränkungen übergewichtiger und adipöser Menschen gehören fehlende Ausdauer, schnelle Ermüdung und Kurzatmigkeit. Die auftretenden Begleit- und Folgeerkrankungen verschiedener Organsysteme ergeben eine zwingende Notwendigkeit der Behandlung der Adipositas.

  • Kardiovaskuläre Erkrankungen (Bluthochdruck, Verengung der Herzkranzgefäße, Herzinfarkt, Schlaganfall)
  • Metabolische Störungen (z.B. Blutzuckererkrankungen und Erhöhung der Fettstoffwechselwerte)
  • Degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates (vorzeitiger Verschleiß von Knie- und Hüftgelenken)
  • Pulmonale Komplikationen (eingeschränkte Lungenvolumina, Luftnot bei geringer Anstrengung, Schlafunregelmäßigkeiten durch Aussetzen der Atmung).
  • Gastrointestinale Erkrankungen (vermehrtes Auftreten von Gallensteinen, Fettleber und Sodbrennen)
  • Erhöhung des Karzinomrisikos
  • Hormonelle Störungen (z.B. Einschränkung der Fruchtbarkeit)
  • Erhöhte Komplikationsrate während einer Schwangerschaft
  • Psychosoziale Konsequenzen (Depression, Diskriminierung, Verlust des
  • Selbstwertgefühls, Schuld- und Schamgefühle, soziale Isolation).

Je stärker die Gewichtszunahme, desto größer die gesundheitlichen Probleme. Wer sein Gewicht reduziert, kann sein persönliches Erkrankungsrisiko erheblich senken. Dieses Ziel kann jedoch nur über mehr Bewegung und eine ausgeglichene Energiebilanz erreicht werden. Ein Gewichtmanagementprogramm sollte dem Patienten eine orientierende Hilfe zur Gewichtsabnahme geben, krankheitsspezifische Informationen und Empfehlungen sowohl zur Prävention als auch zur Therapie übermitteln.

Seit Jahrzehnten nimmt der Anteil der übergewichtigen und adipösen Patienten in den westlichen Industrieländern kontinuierlich zu. In Deutschland sind nur ca. ein Drittel der männlichen Bevölkerung und ca. die Hälfte der weiblichen Bevölkerung noch normgewichtig.

Durch die erhebliche Zunahme der Adipositas kommt es weltweit zu Versorgungsengpässen und Kostenanstiegen in den Gesundheitssystemen. Sowohl die WHO als auch das Bundessozialgericht haben die Adipositas als Krankheit anerkannt. Inzwischen werden die Kosten für ambulante und stationäre Behandlungen von den Krankenkassen teilweise übernommen, in Einzelfällen auch für chirurgische Eingriffe.

Bundesweit findet ein Schulungsprogramm initiiert von der Uni Freiburg statt, an dem die Klinik Limberger in Bad Dürrheim teilnimmt. Dieses ambulante M.O.B.I.L.I.S-Projekt findet ebenfalls Unterstützung von vielen Krankenkassen.

Das Adipositaszentrum Süd-West bietet in Kooperation mit der Klinik Limberger im Schwarzwald-Baar-Kreis eine interdisziplinäre Behandlung der morbiden Adipositas an. Ernährungsberatung, Bewegungsprogramm, psychologische Gruppentherapie, internistische Diagnostik, bariatrische Eingriffe wie z.B. Magenband-Operationen zählen zu den möglichen Behandlungsspektren.

2. Behandlungsprogramm in der Klinik Limberger

Der Mensch ist nicht für die Tatenlosigkeit geschaffen – er besitzt einen natürlichen Bewegungsdrang. Treten nun im Gelenk Schmerzen auf, schränkt der Patient die Bewegung so weit es geht ein und nimmt zudem Schonhaltung ein. Das Gelenk vollkommen ruhig zu stellen, wäre ohnehin der falsche Weg.

Denn der Gelenkknorpel wird sowohl durch die Gelenkflüssigkeit als auch von den Blutgefäßen des Knochens ernährt. Die moderate Be- und Entlastung des Gelenkknorpels unterstützt die Ernährung über die Gelenkflüssigkeit, ähnlich wie ein Schwamm, der ausgepresst wird und sich im Anschluss wieder vollsaugt. Die Ruhigstellung des Gelenks über einen längeren Zeitraum und der damit einhergehende Rückgang der Knorpeldicke würde die Situation nur zusätzlich verschlechtern.

2.1. Zielsetzung

Die ambulante und stationäre Adipositasbehandlung in der Klinik Limberger hat folgende Ziele:

  • Primäres Therapieziel ist eine dauerhafte Lebensstiländerung
  • Initiales Ziel ist eine Gewichtsreduktion von 1kg /Woche
  • Verbesserung der bestehenden Co-Morbiditäten
  • Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit
  • Verbesserung der Lebensqualität und psychosozialen Befindlichkeit
  • Erarbeitung von wirksamen Selbstmanagementstrategien
  • Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit
  • Erarbeitung langfristiger individueller Therapieziele

Das Behandlungsprogramm einer ambulanten und stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik Limberger umfasst zur Erreichung dieser Ziele drei Säulen:

Ernährung     –     Bewegung     –     Verhaltensmodifikation

2.2. Aufnahmekriterien für eine stationäre Rehabilitation

  1. Patienten, bei denen ambulante Therapiemaßnamen nicht erfolgversprechend sind und eine dringende Indikation zur Gewichtsreduktion besteht.
  2. Patienten, deren Übergewicht bereits zu somatischen Folgeerkrankungen geführt hat.
  3. Patienten, die aufgrund ihres Übergewichtes eine psychische Erkrankung entwickelt haben und einem starken Leidensdruck ausgesetzt sind. (Selbstwertprobleme, Beziehungsstörungen, soziale Isolation, Depressionen)
  4. Patienten, deren Übergewicht ein sehr großes gesundheitliches Risiko darstellt und eine psychologisch / psychotherapeutische Verhaltensmodifikation zur Überwindung ihrer Essgewohnheiten und ihres Übergewichtes bedürfen. (Identifikation von ursächlichen Faktoren und verhaltensaufrechterhaltenden Situationen, Entwicklung von Bewältigungsstrategien zur Überwindung derselben)
  5. Als Basismaßnahme zur Vorbereitung einer bariatrischen Behandlung (z.B. Magenband).
  6. Postoperative Betreuung und Behandlung nach bariatrischen Eingriffen

2.3. Infrastrukturelle Voraussetzungen

Von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft werden zur Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen Strukturqualitätsmerkmale mit Mindestanforderungen vorgegeben, die von der Klinik Limberger erfüllt werden.

Das Behandlungsteam besteht aus folgenden Teammitgliedern:

  1. Teamarzt – Ernährungsmediziner
  2. Psychologe / Psychotherapeut
  3. Diät- und Diabetesassistentin
  4. Sportlehrer / Physiotherapeut

Das 3-Säulen-Therapiemodell erfordert eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit der aufgeführten Mitarbeiter. Standard ist ein strukturiertes Behandlungskonzept, das für alle Teammitglieder verbindlich ist und die Basis zur Erstellung eines individuellen Therapieplanes für jeden einzelnen Patienten bildet. Multimorbide Patienten erfordern Therapiekonzepte mit verschiedenen Schwerpunkten, um Begleiterkrankungen wie z.B. Hypertonie, Diabetes und orthopädische Beschwerden entsprechend zu behandeln und in speziellen Schulungsprogrammen zu berücksichtigen.

Falls nicht zeitnahe ambulante Untersuchungsbefunde vorliegen, liegen zur Diagnostik die folgenden apparativen Voraussetzungen vor, die in unserem Hause regelmäßig genutzt werden:

  • EKG
  • Belastungs-EKG
  • Laboruntersuchungen
  • 24 h – Blutdruckmessung
  • Sonographie
  • Röntgendiagnostik

Falls eine Indikation zur Echokardiografie, Schlafapnoescreening oder Doppler-Sonografie der Gefäße besteht, können diese Maßnahmen konsiliarisch im Adipositas-Zentrum Südwest durchgeführt werden. Außerdem ist eine intensive qualifizierte orthopädische Betreuung durch die Abteilung für Orthopädie an der Klinik Limberger gegeben.

Die Ernährung ist ein wesentlicher Baustein in der Adipositastherapie. Unser qualifiziertes Personal unterstützt Sie dabei, Ihre Ernährung langfristig und nachhaltig umzustellen. Die Diät- und Diabetesassistentin wird dabei unterstützt von diätetisch geschulten Köchen.

Darüber hinaus liegt medizinischerseits die Qualifikation zur Schulung insulin- und nicht insulinpflichtiger Diabetiker vor. Die räumlichen Anforderungen wie Lehrküche, Schulungsbuffet und mediengerecht eingerichtete Schulungsräume sind in ausreichendem Maße vorhanden.

Zur Durchführung des Bewegungs- und Sportprogramms stehen die räumlichen Anforderungen wie Schwimmbad und Sporthalle zur Verfügung. Selbstverständlich kann sowohl eine Fahrrad- als auch Laufbandergometrie durchgeführt werden.

2.4. Durchführung der stationären Rehabilitationsmaßnahme

2.4.1. Aufnahme

In einer zielführenden Behandlung ist die qualifizierte Analyse der Motivation des Patienten von entscheidender Bedeutung. Die Mitwirkungspflicht des Patienten durch Einhaltung verbindlicher Regeln wird bei Aufnahme erörtert und vorausgesetzt, schriftlich festgehalten und führt bei Non-compliance zum Abbruch des Aufenthaltes.

Therapieziel, Therapieplan und Diagnosen werden mit dem Patienten eingehend besprochen und schriftlich fixiert.

Bei Aufnahme des Patienten werden vom Teamarzt eine eingehende Anamnese und ein körperlicher Untersuchungsstatus vom Patienten erhoben. Im Anschluss wird die notwendige Basis-Diagnostik (Laboruntersuchungen, EKG und Belastungs-EKG) durchgeführt. Ergänzend führt der Psychologe ein Aufnahmegespräch durch.

Gemeinsam mit dem Patienten werden die Therapieziele vereinbart und der Therapieplan für die Dauer des stationären Aufenthaltes erstellt.

Die medizinische Betreuung wird während der gesamten Rehadauer engmaschig fortgesetzt. Der Behandlungserfolg wird über regelmäßige Gewichtskontrollen und Messungen der körperlichen Leistungsfähigkeit dokumentiert.

Die Behandlung erfolgt in Gruppen mit max. 6 – 8 Teilnehmer.

2.4.2. Verhaltensmodifikation

Der Patient erhält zwei Mal wöchentlich psychologische Gespräche in Gruppensitzungen. Primäres Ziel ist eine dauerhafte Lebensstiländerung, die auf Einhaltung einer ausgewogenen, kalorienreduzierten Kost und eines regelmäßigen Bewegungstrainings beruht.

Die Änderung des Essverhaltens und die vermehrte körperliche Bewegung werden über
verhaltenstherapeutische Techniken vermittelt unter kritischer Auseinandersetzung mit dem eigenen bisherigen Verhalten. Die Analyse des Essverhaltens und der affektiv-kognitiv verknüpften Bedeutung der Nahrungsaufnahme ist Voraussetzung zur Entwicklung neuer gesundheitlicher Verhaltensweisen. Im Gruppensetting liegt ein wesentlicher Therapieerfolg in der gegenseitigen Motivation der Gruppenmitglieder, in der Stärkung des Selbstwertgefühls innerhalb der Gruppe und im Aufbau sozialer Kontakte.

Förderung des Selbstvertrauens und der Selbstdisziplin sowie Verbesserung der Selbstwahrnehmung und der Leistungsfähigkeit sind Grundlagen zum Aufbau eines positiven Verhältnisses zu Körper und Bewegung.

Darüber hinaus sind Einzelgespräche je nach Bedarf zur Bearbeitung seelischer Begleiterkrankungen wie Depressionen und Angststörungen vorgesehen. Außerdem werden Entspannungstherapien in Form von Autogenem Training und der progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen zwei Mal wöchentlich angeboten.
Zusammenfassend umfasst die Säule „Verhaltensmodifikation“ die folgenden Therapiebausteine:

  • pro Woche eine Stunde verhaltenstherapeutische Gruppensitzung
  • pro Woche eine Stunde Stressbewältigungsgruppe
  • wöchentlich zwei Mal eine halbe Stunde PME oder Autogenes Training
  • bei Bedarf psychologische Einzelgespräche

2.4.3. Ernährung

Die Ernährungstherapie sieht im Regelfall eine ausgewogene Ernährung von 1200 kcal/d in drei Mahlzeiten vor. In der Ernährungs-Schulung werden dem Patienten Kenntnisse über die verschiedenen Nährstoffe vermittelt. Die Zusammensetzung einer gesunden Mahlzeit und die praktische Umsetzung in der Lehrküche werden erlernt, so dass die langfristige Fortsetzung der Klinik-Kostform in häuslicher Umgebung ermöglicht wird, um das Therapieziel einer stabilen Gewichtsreduktion von 5-10% des Ausgangsgewichtes im folgenden Jahr zu erreichen.

Die Führung eines Ernährungsprotokolls ist ein wichtiger unterstützender Faktor. Zusätzlich wird ein Einkaufstraining angeboten. Sowohl in der Lehrküche als auch am Einkaufstraining besteht die Möglichkeit, Angehörige mit einzubinden. Bei Bedarf wird das aufgeführte Basisprogramm für Patienten mit Begleiterkrankungen wie z.B. Diabetes mellitus erweitert.

Zusammenfassend umfasst die Säule „Ernährung“ die folgenden Therapiebausteine:

  • pro Aufenthalt vier Stunden Ernährungs-Theorie
  • pro Aufenthalt acht Stunden Praxisarbeit in der Lehrküche
  • pro Aufenthalt drei Stunden Einkaufstraining
  • Führen eines Ernährungsprotokolls
  • bei Bedarf Ernährungseinzelberatung
  • Schulungsbuffet

2.4.4. Bewegung

Ziel der Bewegungstherapie ist die Anleitung und Motivation zur dauerhaften körperlichen Aktivität. Das Bewegungsprogramm wird täglich mehrstündig in Form von Gruppentherapien durchgeführt. Die Intensität der Sporttherapie richtet sich nach der zuvor mittels Ergometrie ermittelten Belastungsfähigkeit des Patienten. Ausdauertrainingsarten wie Radfahren, Wandern, Walking und
Schwimmen besitzen Priorität.

Zusätzlich umfasst das Programm eine allgemeine Gymnastik und eine Wassergymnastik mit verschiedenen Schwerpunkten aus dem orthopädischen Bereich, die je nach Beschwerdebild und Fitness des Patienten angewandt werden.

Erkrankungen aus dem orthopädischen Formenkreis können zusätzlich mittels physikalischer Therpiemaßnahmen behandelt werden.

Zusammenfassend umfasst die Säule „Bewegung“ die folgenden Therapiebausteine:

  • mindestens zweieinhalb Stunden Ausdauertraining wie Walking, Ergometrie, Wassergymnastik oder Bewegungsstunde / Tag
  • 1 x pro Woche Rückenschule
  • 1 x pro Woche Theorie der körperlichen Bewegung
  • Optional Pilates, Wirbelsäulengymnastik, Atemgymnastik, Nordic Walking,
  • Fitnesstraining, Gymnastik mit Musik und Bewegungsspiele je nach Beschwerdebild und Fitness des Patienten

3. Nachsorge

Da es sich bei Adipositas um eine lebenslange multifaktorielle Erkrankung handelt, ist die Fortsetzung ambulanter Maßnahmen im Anschluss an ein stationäres Rehaverfahren zwingend notwendig. Der Aufbau eines Netzwerkes zwischen Hausärzten, Adipositas-Zentrum Südwest und der Klinik Limberger bietet die Voraussetzung für eine erfolgversprechende Nachsorge.

Sollte dennoch bei Patienten nach einem Zeitraum von 6-12 Monaten intensiver Therapie kein Therapieerfolg zu verzeichnen sein, so ist der Patient ggfs. im Adipositas Zentrum Südwest zur Abklärung einer bariatrischen Operationsindikation vorzustellen.

Kontakt

Dipl.-Kfm. Joachim Limberger

Geschäftsführer

Hammerbühlstraße 5
78073 Bad Dürrheim
t: 07726 664-0
f: 07726 664-114
e: joachim.limberger[at]klinik-limberger.de